Neufra steigt in die Landesliga auf

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Fußball-Bezirksliga: FVN - Meister dank der besseren Tordifferenz
Bad Saulgau / sz - Es ist vollbracht. Der FV Neufra spielt erstmals in seiner 61-jährigen Geschichte in der kommenden Saison in der Fußball-Landesliga. Der FVN sicherte sich durch ein 1:1 gegen den FC Laiz am Samstag zu Hause vor rund 650 Zuschauern den Titel dank des um elf Tore besseren Torverhältnisses gegenüber den am Ende punktgleichen Bad Schussenriedern, die am Samstag zu Hause den SV Ebenweiler mit 3:1 besiegten.

Samstagabend, Waldstadion Neufra, kurz vor dreiviertel sieben. Norbert Selg hält nichts mehr auf seinem Sitz in der ersten Reihe auf der Tribüne. Er gestikuliert, ruft aufs Spielfeld, schlägt die Hände vor den Kopf, wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Dann, endlich, 18.46 Uhr, Schlusspfiff. Der Vorstandsvorsitzende des FV Neufra stürmt von der Tribüne hinunter Richtung Platz, um nah bei seinen Spielern zu sein. Währenddessen wirft Günther Selg, gemeinsam mit Christof Pfeil nach der Trennung von Niko Gleich als Interimstrainer fungierend, mit all seiner Kraft Torwarttrainer Franz Mayerhauser um, begräbt ihn unter sich. Die Spieler laufen wild durcheinander, die Anspannung der vergangenen Wochen fällt von ihnen ab. Endlich, geschafft. Den Weg von der Tribüne geschafft hat auch Norbert Selg, der auf seine Spieler zustürmt, kaum noch einen Ton rausbringt, vor Rührung einige Tränen vergießt und dann als einen der ersten seinen Kapitän Matthias Binder umarmt.

Es folgen Bierduschen, eine Wimpelübergabe, Jubel und Freude pur und eine Art spontaner Meisterfeier, in der der harte Kern - der ist in Neufra ziemlich groß - zum Festen im Waldstadion bleibt, eingeladen vom FVN zu Leberkäse, Kartoffelsalat und Freibier. Und auch der "Wettergott" hat ein Einsehen, wenn schon sein Amtskollege aus der himmlischen Fußballabteilung die Neufraer in den vergangenen Wochen zappeln ließ - und schenkt dem FVN eine über weite Strecken regenfreie Meisterfeier. Die Feuchtigkeit kommt zunächst eher aus Flaschen und Gläsern und ist isotonisch.

Das Spiel ist für die Neufraer Fans dagegen eher etwas aus der Abteilung Folter. Über weite Strecken agieren die Neufraer Kicker nervös. Die Elf ist auf zwei Positionen, im Vergleich zum Ebenweiler-Spiel, verändert: Simon Ens und Benjamin Mayer spielen von Beginn an für Markus Metzler und den Elfmeter-Pechvogel von Ebenweiler, Andreas Binder. Und vor allem Simon Ens, der sein letztes Spiel für den FVN bestreitet, rechtfertigt - nach einer Anlaufphase - seine Nominierung und zeigt, warum ihn viele für einen der besten Spieler der Bezirksliga der vergangenen Jahre halten. Ens leitet die erste Chance des FVN ein. Manuel Fischer flankt auf Fabian Brehm, der zum Kopfball kommt - drüber (11.). Doch nach und nach findet Laiz besser ins Spiel, zeigt, dass es gewillt ist, der Liga einen fairen Abschluss zu bieten. In höchster Not rettet Ivan Baric gegen Christian Lächele zur Ecke, der zuvor beide Innenverteidiger des FVN, Matthias Binder und Thomas Müller stehen lässt (21.). Dann klärt Baric gegen Stefan Mergel (30.), und spätestens als Manuel Fischer mit einer Fußverletzung raus muss - für ihn kommt Stefan Pavlovic (31.) - ist klar: Dies ist und wird kein Spaziergang zum Titel.

Fans machen Stimmung

Immer mehr übernimmt Simon Ens das Kommando. Zunächst versucht er Fabian Brehm ins Spiel zu bringen, Brettschneider hält, dann segelt die daraus reultierende, oder holpert die Ecke von Patrick Spies durch den Laizer Strafraum und an Freund und Feind vorbei (34.), zur Weißglut bringt dann Jörg Heckenberger die FVN-Bank, als er einen an ihm verschuldeten Freistoß von halblinks mit rechts gefühlt haushoch übers Tor knallt (36.). Die letzte Chance der ersten Halbzeit hat Laiz: Doch Ens blockt in letzter Sekunde einen Lächele-Schuss (38.). Für zusätzliche Spannung sorgt dann der 2:0-Halbzeitstand aus Bad Schussenried, die ersten beginnen zu rechnen. "Bei einem 12:0 fängt es an, eng zu werden..."

Die zweite Halbzeit beginnt mit einem Traum in und für Rot-Weiß. Eine erste Ecke bringt nichts ein, die direkt daraus resultierende serviert Patrick Spies genau auf den Kopf von Fabian Brehm, der die Kugel ins Tor wuchtet - 1:0 (50.). Die Freude währt allerdings nur elf Minuten. Johannes Oswald, Denker und Lenker und Chef im Laizer Spiel, leitet einen Angriff ein, die Kugel kommt durch die Schnittstelle der Kette zu Christian Lächele, der im kurzen Eck Ivan Baric keine Chance lässt (61.). Nur eine Minute später zieht Oswald ab - vorbei (62.). Neufra wirkt kurze Zeit wie gelähmt. Neufras Fans machen auf der Tribüne eine Wahnsinns-Stimmung; zur Melodie "We're not gonna take ist" von Twisted Sister singen sie "Auf geht's Jungs aus Neufra, hey, die Jungs aus Neufra, auf geht's Jungs aus Neufra, schießt ein Tor..."

Nun, diesen Gefallen tun die "Jungs aus Neufra" ihre Fans nicht mehr, die beste Chance hat Fabian Brehm nach einem Zuspiel von Simon Spies (79.), doch sein Kopfball geht genauso drüber, wie ein Schuss des eingewechselten Andreas Binder (80.), den Brettschneider zur Ecke klärt. Im Gegenteil: In der Schlussminute hat Laiz noch eine Freistoßchance, plötzlich liegt der Ball am Fünfmeterraum frei vor Baric, doch ein rotes Abwehrbein klärt die Situation (90.). Der Rest ist Jubel. Da spielt auch keine Rolle mehr, dass Bad Schussenried 3:1 gegen Ebenweiler gewonnen und nach Punkte zum FV Neufra noch aufgeschlossen hat.

FV Neufra: Baric - M. Fischer, T. Müller, M. Binder, Lapin - Ens, Heckenberger (74. A. Binder), P. Spies (82. Ummenhofer), B. Mayer - S. Spies, F. Brehm.

FC Laiz: Brettschneider - J. Mayer (74. Saryier), Özen, Kessel, Lauria - Nowak, Armbruster, Oswald, Bongermino, Lächele - Mergel (88. Weber).

Tore: 1:0 Fabian Brehm (50.), 1:1 Christian Lächele (61.). - Zuschauer: 650. - Schiedsrichter: Singer (Kißlegg).

Bilder zum Aufstieg gibt es in unserem Bilderarchiv.

Norbert Selg, Vorstandsvorsitzender des FV Neufra: Wir haben uns die Meisterschaft verdient, auch wenn es uns die Laizer ganz schön schwer gemacht haben. Wenn man überlegt, dass so ein Ding wie in der 90. auch reinfallen kann ... Während des Spiels kam erschwerend der frühe Ausfall von Manuel Fischer hinzu. Insgesamt haben wir keine gute Rückrunde gespielt. Jetzt planen wir die neue Saison. Da werden wir uns mit unserem neuen Trainer Volkmar Hackbarth zusammensetzen und mit einigen Spielern sprechen. Positiv ist, dass Markus Metzler bleibt. Wir werden sicher noch einige Spieler hinzubekommen, aber jeder kriegt eine Chance und manche Spieler werden unter Hackbarth Positionen spielen, mit denen sie heute noch gar nicht rechnen. Noch einmal auch mein Dank an Niko Gleich, ihm gebührt ein großer Anteil am Erfolg.

Günther Selg, Vorstand Sport des FV Neufra und Interimstrainer: Erst mal geht mein Denken auch an Niko Gleich, ihm gehören 80 Prozent an diesem Titel. Wer 25 Spieltage vorne steht, der hat vieles richtig gemacht. Jetzt haben wir uns mit Volkmar Hackbarth für einen sehr erfahrenen Trainer entschieden. Ein Riesenlob auch an unsere Fans. Dass so ein kleiner Ort so viele Zuschauer mobilisieren kann, die hinter uns stehen, ist toll.

Oliver Pfaff, Trainer des FC Laiz: Mein Glückwunsch geht an den FV Neufra, der eine tolle Saison gespielt hat und am Ende verdient Meister geworden ist. Aber auch ein Kompliment an meine Mannschaft. Was die heute gespielt hat, war aller Ehren wert. Von den Spielern, die ich im Kader hatte, hatten bei meinem Amtsantritt zwölf von diesen 17 überhaupt noch kein Bezirksligaspiel bestritten.

Matthias Binder, Kapitän des FV Neufra: Erleichterung herrscht vor, weil wir es so lange rausgezögert haben. Für uns stand heute sehr viel auf dem Spiel. Jetzt ist es einfach geil. Aber ich war mir heute morgen ziemlich sicher, dass wir das schaffen. Natürlich waren wir alle sehr nervös.

Ivan Baric, Torwart des FV Neufra: Natürlich hatten wir in der letzten Szene auch ein bisschen Glück, aber ich denke, wir sind der verdiente Meister. Beim Freistoß in der 90. Minute war ich extrem nervös. ich glaube, ich hätte keinen Ball mehr fangen können. Wir hatten in der Rückrunde so viel Pech. Das reicht für ein ganzes Fußballerleben. Jetzt sind wir oben und ich sage, es war schwieriger hoch zu kommen, als es wird oben zu bleiben.

Simon Ens, Mittelfeldspieler des FV Neufra: Ja schon. Ich habe in den vergangenen Wochen und Tagen immer wieder an die verpasste Meisterschaft mit dem FC Laiz vor drei Jahren denken müssen. Wir waren schon ziemlich nervös. Meinen Ex-Verein hatte ich so erwartet. Ich hatte meine beste Zeit in Laiz und in Neufra. Das kann ich schon sagen, weil die Kameradschaft in diesen beiden Vereinen immer sehr toll war. Ich habe Betriebswirtschaftslehre in Frankfurt studiert, jetzt habe ich einen Job in der Verwaltung einer Lebensmittelfirma im Saarland angenommen, deshalb ist meine fußballerische Zeit hier in Baden-Württemberg zu Ende.

Fabian Brehm, Stürmer des FV Neufra und erneut Torschützenkönig der Saison 2014/2015: In der Mannschaft herrscht eine Riesenerleichterung. Ich hatte aber die ganze Zeit über das Gefühl, dass wir's packen. Wir haben die tolle Stimmung gespürt. Wir haben das Unentschieden auch über unseren Willen geschafft. Es sollte so sein. Die Spieler haben alles gegeben.

Volkmar Hackbarth, zukünftiger Trainer des FV Neufra: Natürlich habe ich die gesamte Zeit die Mannschaft verfolgt und es war natürlich nicht nötig, die Meisterschaft aufs letzte Spiel der Saison zu vertagen. Dass die Mannschaft jetzt das nötige Remis geschafft hat, ist toll. (mac)

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